Das Börsenjahr 2022 und die Aussichten für 2023
Die meisten Privatanleger und Pensionskassen haben mit ihren Geldanlagen in diesem Jahr deutliche Verluste verbucht. Die Kaufkraft zu erhalten, war extrem schwierig. Viele Finanzexperten schauen skeptisch auf die weitere Entwicklung, doch es gibt auch optimistische Ansätze.
Der Welt-Aktienindex MSCI World hat in diesem Jahr, in US-Dollar gerechnet, 18,40 Prozent verloren (Stand 18.11.2022). Der Dax steht bei einem Minus von knapp 10 Prozent. Gleichzeitig haben gemischte Anleiheindizes, bestehend aus Staats- und Unternehmensanleihen solider Qualität, im Oktober die höchsten Verluste seit jeher verzeichnet: USA minus 15,7 Prozent, Euro-Zone minus 16,1 Prozent. Gold hat in US-Dollar 10 Prozent nachgegeben.
Es half also nichts in all diesen Anlageklassen investiert zu sein. Die vermeintlich sicheren Anleihen haben sogar teilweise mehr verloren als die normalerweisen volatilen Aktien. Noch schlimmer sah es im Tech-Sektor aus, wo aufgrund der massiven Zinserhöhungen die Technologietitel (Amazon & Co.) rund 30 Prozent verloren haben. Bei einem ausgewogenen Portfolio (70 % Aktien / 30 % Anleihen) der nowinta Finanzgruppe betrug der Verlust dank der globalen Diversifizierung und der defensiven Ausrichtung etwa 8,80 Prozent, nach einem zweistelligen Gewinn im Jahr 2021.
Was ist passiert nach den Höchstständen an den Börsen Ende 2021
Wir erleben gewissermaßen eine Zeitenwende – auch an den Kapitalmärkten. Nach guten Jahren mit geringer Schwankungsbreite und ordentlichen Zuwächsen bei Risikoanlagen markiert 2022 einen Trendwechsel. Das alte „Vor-Corona-Gleichgewicht“ mit niedriger Teuerung, ultralockerer Geldpolitik und geringer (geopolitischer) Risikoprämie besteht nicht mehr. Eines der Hauptprobleme ist der Ukraine Krieg und die damit verbundene sehr hohe Inflation.
Die erwartete Jahresinflation für das Jahr 2022 beträgt für die USA 8,2 Prozent und für die Eurozone 8,1 Prozent. Diese hohe Inflationsrate hat insbesondere die Zentralbanken in den USA und auch die EZB dazu gezwungen, an der Zinsschraube zu drehen. Mittlerweile liegt der Zinssatz in den USA bei 4 Prozent. Die EZB hat Ihren Zinssatz von null auf 2 Prozent erhöht. Diese starken Zinserhöhungen haben dazu geführt, dass sich die wirtschaftliche Aktivität merklich abkühlt und gewisse Länder wie Deutschland in eine Rezession gleiten könnten. Als Folge davon machen die Unternehmen weniger Gewinne, was wiederum die Kurse der Aktien fallen lässt.
Aktuelle Situation
In den Monaten Oktober und auch im November gab es eine ausgeprägte Erholungsbewegung (Der Dax beispielsweise mit einem Zuwachs von rund 22 Prozent). Auslöser war eine leicht niedrigere Inflationserwartung in den USA. Grundsätzlich braucht es sehr wenig, dass eine Erholung an den Märkten einsetzt, wenn bereits sehr viel Negatives eingepreist wurde. In den vergangenen Krisen dauerte die Korrektur nach einer Rezession an der Börse oft weniger als ein Jahr oder maximal 1 bis 2 Jahre.
Aussichten für 2023
Aus den oben angeführten Gründen denke ich, dass viel Negatives bereits an den Märkten eingepreist ist und nach den starken Zinserhöhungen nun auch Anleihen wieder interessant sind. Die Zinserhöhungen werden wahrscheinlich bald auslaufen und in den USA gibt es die Hoffnung, dass dort eine weiche Landung gelingen könnte. Das bedeutet eine Eindämmung der Inflation, ohne dass durch das höhere Leitzinsniveau zugleich eine starke Rezession ausgelöst wird.
Einige Marktbeobachter rechnen für Ende 2023 mit den ersten Zinssenkungen in den USA. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Inflation im Jahr 2023 mit 4 Prozent etwas höher ausfällt, als in der Vergangenheit. Für die Märkte, die ja die Entwicklungen zirka ein Jahr vorwegnehmen bedeutet das, dass nach der Korrektur Aktien wieder fair bewertet sind. Und Anleger sollten wissen, dass es historisch nach einer Rezession stets zu Steigerungen an der Börse kam. Wer investiert ist, sollte meines Erachtens jetzt ausharren. Wer noch Liquidität hat, kann diese stufenweise sowohl in Aktien als auch in Anleihen investieren.